Mit Schreiben vom 11.07.2018 hat die Kommunalaufsicht meine Beschwerde über eine aus meiner Sicht falsche Aussage unseres Bürgermeisters entschieden:
"Diese von der Stadt vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend" Dokument hier
"Auf Grund der vorstehend genannten Ausführungen ist die seitens des Bürgermeisters gegebene Auskunft, dass es nicht zulässig sei, die Protokolle einfach zu veröffentlichen rechtlich zutreffend."
Erstaunlicherweise kommt die Stadt Würzburg zu einem völlig anderen Ergebnis. Dort steht in der Geschäftsordnung:
"Die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen werden ... im Bürgerinformationssystem eingestellt."
Die Niederschriften entsprechen in Umfang und Form den Niederschriften in Miltenberg. Lt. tel. Auskunft wurde die Vorgehensweise in Würzburg bisher von der zuständigen Rechtsaufsicht, der Regierung von Unterfranken, nicht beanstandet.
Ich habe deshalb die Regierung von Unterfranken gebeten, die Beurteilung durch unser Landratsamtes zu überprüfen.
Die Stadt Miltenberg beruft sich übrigens auf die Auffassung des Datenschutzbeauftragten, der letztendlich aber nur sagt, die Gemeinden müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie Niederschriften im Internet veröffentlichen, diese Risken berücksichtigen.
Wenn die Kommunalaufsicht beim Landratsamt diese Auffassung nun als rechtlich zutreffend beurteilt, ist das schon erstaunlich. Denn auch der Kreistag von Miltenberg hat sich im Jahr 2010 damit befasst und trotz der Auffassung/Hinweisen des Datenschutzbeauftragten beschlossen:
"Der Veröffentlichung von Niederschriften aus öffentlichen Sitzungen des Kreistags und seiner Ausschüsse wird
zugestimmt." „Niederschriften über öffentliche Sitzungen werden im Internet
veröffentlicht.“ Der Beschluss wurde übrigens einstimmig gefasst.
Das ist doch irgendwie sehr seltsam. Das Protokoll zur Sitzung des Kreistages finden Sie nachstehend. Sie können Sich ja auch mal ein vollständiges Protokoll im Internet ansehen. Aber immer beachten, was Sie da sehen darf gar nicht im Internet stehen - sagt unser Bürgermeister und die Kommunalaufsicht.
Nur am Rande, die Stadt Miltenberg erhebt hier die Auffassung des Datenschutzbeauftragten zum Gesetz. In einem Auskunftsverfahren
weigert sie sich aber vehemment, die Rechtsauffassung des Datenschutzbeauftragten anzuerkennen, auch irgendwie seltsam. Miltenberg strickt sich die Welt so wie es halt gerade
passt.
Aus der Sitzung des Kreistages vom 11.10.2010 - Schon vor acht Jahren hat der Kreistag für mehr Bürgerinformation und Transparenz gestimmt, möglicherweise aber etwas rechtswidriges beschlossen?
Tagesordnungspunkt
TOP Ö 6: Veröffentlichung von Niederschriften im Internet - Änderung des § 28 der Geschäftsordnung für den Kreistag und seine Ausschüsse
Sitzung: | 11.10.2010 KT/011/2010 |
Verwaltungsdirektor Fieger erläuterte den Sachverhalt:
Seit dem Jahr 2006 ist das automatisierte Kreistagsinformationssystem „KIS“ im Einsatz, das es der Verwaltung ermöglicht, den Sitzungsdienst für die Landkreisgremien effizient zu steuern. Gleichzeitig ermöglicht es den Kreisrätinnen und Kreisräten, sich durch die dort bereit gestellten Unterlagen (Tagesordnungen, Beschlussvorlagen) zeitnah auf die jeweiligen Sitzungen vorzubereiten. Darüber hinaus werden die Niederschriften aus den öffentlichen Sitzungen „ins Netz“ gestellt, und das System bietet eine umfangreiche Recherche- und Archivfunktion.
Seit 2009 ist zusätzlich zum Kreistagsinformationssystem ein Bürgerinformationssystem im Einsatz. Interessierte Bürgerinnen und Bürgern können sich so über die anstehenden Sitzungen der Landkreisgremien und über die zur Beratung oder Beschlussfassung kommenden Themen informieren. Auch die kompletten Niederschriften aus öffentlichen Sitzungen werden in diesem Internetangebot des Landratsamtes einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Bislang fehlt für die Praxis der Veröffentlichung der kompletten Niederschriften eine ausdrückliche Regelung in der Geschäftsordnung. In § 28 Satz 2 GeschO heißt es lediglich: „In öffentlichen Sitzungen gefasste Beschlüsse können im Internet veröffentlicht werden.“
Der Einsatz eines automatisierten Kreistags- und Bürgerinformationssystems steigert ohne Zweifel die Effizienz der Aufgabenerledigung der Verwaltung in der Vor- und Nachbereitung der Sitzungen. Das Verfahren unterstützt darüber hinaus die ehrenamtliche Tätigkeit der Kreisrätinnen und Kreisräte. Mit dem Bürgerinformationssystem und der damit verbundenen Veröffentlichung von Sitzungsniederschriften erhöht sich die Transparenz der Entscheidungen der Landkreisgremien.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer Veröffentlichung im Internet weltweit eine automatisierte Auswertung der Niederschriften nach verschiedenen Suchkriterien, die beliebig miteinander verknüpft werden können, möglich ist. Sofern auch nur der Mindestinhalt der Niederschriften nach Art. 48 Abs. 1 LKrO ins Internet gestellt wird, können Anwesenheitsprofile einzelner Kreistagsmitglieder angefertigt werden. Auch die behandelten Sitzungsgegenstände enthalten häufig personenbezogene Angaben von Referenten/-innen und Mitarbeitern/-innen des Landratsamtes, die über eine Einstellung der Sitzungsniederschriften in das Internet relativ leicht von Dritten weltweit gesammelt und ausgewertet werden können. Dies zeigt, dass die Veröffentlichung im Internet mit einer neuen Qualitätsstufe des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden ist.
Bei einer Einspeisung von Daten aus Niederschriften über öffentliche Sitzungen der Kreisgremien in das Internet bestehen auch Gefahren für die Datensicherheit. Es kann nicht absolut sichergestellt werden, dass jederzeit die vollständigen und unverfälschten Daten auf dem Internet-Server zum Abruf bereitgehalten werden. Es besteht die Gefahr, dass die auf dem Internet-Server gespeicherten Daten verändert, zumindest teilweise unterdrückt oder gelöscht werden. In diesem Zusammenhang können auch haftungsrechtliche Fragen nicht ausgeschlossen werden, die auf den Kreis zukommen können.
Diese Risiken müssen bei einer Entscheidung, ob Niederschriften im Internet veröffentlicht werden sollen, mitberücksichtigt werden.
Was im Bürgerinformationssystem veröffentlicht wird, kann von technischer Seite natürlich jederzeit verändert werden. In dem verwendeten Verfahren lassen sich die verschiedensten Einstellungen vornehmen - z.B.:
- Veröffentlichung der kompletten Niederschriften aus öffentlichen Sitzungen
- Veröffentlichung der Niederschrift mit Schwärzen von Namen (von Kreisrätinnen und Kreisräten, Referenten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung)
- keine Veröffentlichung der Niederschrift
- Veröffentlichung nur der Beschlüsse mit Abstimmungsergebnis.
Der Kreisausschuss hat in seiner Sitzung am 07.10.2010 einstimmig dem Kreistag empfohlen, die genannten Beschlüsse zu fassen.
Kreisrat Scholz bemerkte, die Kreistagsgruppe ödp werde dem Vorschlag ebenfalls zustimmen, man entscheide immer in der Sache selbst. Transparenz sei ihnen schon immer ein wichtiges Thema gewesen. Kreisrat Frey habe bereits in der letzten Legislaturperiode den Antrag einer Informationsfreiheitssatzung gestellt.
Der Kreistag fasste einstimmig den
B e s c h l u s s :
- Der Veröffentlichung von Niederschriften aus öffentlichen Sitzungen des Kreistags und seiner Ausschüsse wird zugestimmt.
-
§ 28 Satz 2 der Geschäftsordnung für den Kreistag, den Kreisausschuss und weitere Ausschüsse des Landkreises Miltenberg erhält
folgende Fassung:
„Niederschriften über öffentliche Sitzungen werden im Internet veröffentlicht.“