Nach 20 Millionen im Vorjahr planen unsere Räte nun sagenhafte 40 Millionen Schulden! Ein sinnfreies Zahlenwerk ohne Maß und Ziel.
Unser Stadtrat hat am Montag den Haushalt 2019 und die mittelfristige Finanzplanung bis zum Jahr 2022 verabschiedet.
Leben unsere Räte in einer Traumwelt? Was da verabschiedet wurde, kann man nur noch als absurd bezeichnen.
Die Planung sieht Ende 2022 eine Verschuldung von 40 Millionen Euro vor. Diese resultiert aus geplanten Investitionen von 42 Millionen Euro.
Schon der Vergleich dieser beiden Zahlen zeigt die Unsinnigkeit dieses Traumgebildes.
Denn per Saldo können nur 2 Millionen aus eigener Finanzkraft gestemmt werden. Wie will man denn dann im Anschluss den Kapitaldienst (Zins und Tilgung) für 40 Millionen Schulden bedienen? Weitere Schulden um Zinsen zu bezahlen?
Im letzten Jahr hatten noch zwei Stadträte gegen die Finanzplanung gestimmt, ich dachte das war wegen der damals geplanten Verschuldung von 20 Millionen. Beide haben diesmal dafür gestimmt. Das läßt den Schluss zu, ihnen war im letzten Jahr die geplante Verschuldung noch zu gering.
Die Finanzkraft der Stadt Miltenberg
Für das Jahr 2019 bleiben aus den Einnahmen ganze 1,3 Millionen Euro, um Schulden zu bedienen und für Investitionen. In der Planung für das Jahr 2018 stand hier eine Null!
Das wesentlich kleinere Bürgstadt erwirtschaftet übrigens mit 1,5 Millionen mehr Überschuss als Miltenberg, was machen die nur anders? Siehe In Bürgstadt sprudeln die Einnahmen während Miltenberg am Hugnertuch nagt?
Im letzten Jahr habe ich geschrieben, die Finanzkraft der Stadt reicht gerade mal aus, um Schulden von 20 Millionen zu bedienen. Für Investitionen ist dann kein Cent mehr übrig. Diese Aussage stimmt nach wie vor.
Aktuell wird in Lauingen diskutiert, wie die Stadt saniert werden kann. Bei 10.900 Einwohnern wurden 20 Millionen Schulden angehäuft, der Schuldendienst beträgt aktuell 1,4 Millionen pro Jahr. Das bestätigt meine Überlegungen aus dem letzten Jahr. Auch Miltenberg wird bei 20 Millionen Schulden ein Sanierungsfall. Wie sieht es dann bei 40 Millionen Schulden aus? Der Schuldendienst geht Richtung drei Millionnen, was nicht zu leisten ist.
Alle Redner haben betont, das ist eine Planung, es wird schon nicht so kommen, weil aus Kapatzitätsgründen gar nicht alles umgesetzt werden kann. Das sehe ich auch so. Aber nicht aus Kapazitätsgründen, sondern weil jenseits der 20 Millionen Schulden wohl die Aufsicht die Reißleine zieht. Die Stadt ist dann offiziell zwar nicht pleite, aber komplett handlungsunfähig.
Für mich stellt sich die Frage, wie kann ein verantwortliches Gremium den Nachfolgern so einen Scherbenhaufen hinterlassen? Können die Räte nicht rechnen? Eine einfache Überschlagsrechnung zeigt, dass die Stadt bei 20 Millionen Schulden bereits tot ist. Was dann bei 30 Millionen oder 40 Millionnen passiert müsste eigentlich jedem klar sein. Warum wir so ein Unsinn überhaupt zu Papier gebracht und dann mit nur einer Gegenstimme verabschiedet?
Übrigens: Bei 40 Millionen Schulden ist jeder Miltenberger mit über 4.000 Euro Schulden belastet. Auch Kinder und Rentner. Eine Familie mit zwei Kindern steht also für einen Schuldenberg von 16.000 Euro.
Der Verwaltungshaushalt - Volumen 25,5 Millionen Euro
Der Verwaltungshaushalt spiegelt die laufenden Einnahmen und Ausgaben der Stadt wieder. Von den 25,5 Millionen werden 24,2 Millionen für Löhne, Gehälter und Sachausgaben, also laufende Kosten ausgegeben, 1,3 Millionen wandern in den Vermögenshaushalt für Schuldendienst und Investitionen.
Das ist ein gewaltiger Betrag. Wir haben nur wenige Firmen in Miltenberg, die jährlich solche Summen bewegen. In den Haushaltsreden wurde dies nur kurz als unproblematisch gestreift. Lediglich Oskar Hennig von der CSU hat in seinen Ausführungen kritische Töne eingebracht, und ein paar Zahlen zum Nachdenken erläutert.
Die Personalkosten steigen um 8% auf 7,1 Millionen und verschlingen 28% der Einnahmen. Im Jahr 2014 waren es nur 5,5 Millionen und 24% der Einnahmen. Im Jahr 2022 sollen bereits 30% der Einnahmen für Personal gebraucht werden. Allein der Anstieg von 24% auf 28% macht über eine Million Mehrkosten pro Jahr aus!
Sein Fazit: Die Verwaltungskosten steigen schneller als die Einnahmen.
Konsequenzen in der Wirtschaft? Die Firma geht pleite. Konsequnzen in der Miltenberger Verwaltung? Haushalt wird einstimmg abgenickt und alle klopfen sich gegenseitig auf die Schulter!
Übrigens: Mit 1,3 Millionen Überschuss kann man kaum 20 Millionen Schulden bedienen, schon gar nicht 30 oder 40 Millionen. Scheint aber unsere Stadträte nicht zu jucken. Entweder haben sie nicht gerechnet oder sie können nicht rechnen.
Wo sollen die 42 Millionen investiert werden?
Genannt wurden nur Schlagworte, keine konkreten Zahlen, was einzelne Projekte kosten werden. Grundschule, Feuerwehrhaus Miltenberg und Wenschdorf, Kindergarten ...
Echte Information für die Bürger wieder mal Null. Vielleicht schämt man sich auch wegen der Details. In einer ungeplanten Diskussion konnte man hören, dass tatsächlich 600.000 Euro für die Burgbeleuchtung eingeplant sind. Mehr dazu siehe hier. Angesichts der Gesamtzahlen eigentlich unfassbar.
Das Risiko für uns Bürger, möglicherweise werden solche Luxusausgaben zwischendurch getätigt. Irgendwann merkt man, es ist kein Geld mehr da, und an notwendigen Projekten muss gespart werden. Wir haben ja schon erlebt, dass alle Kraft, einschließlich der Finanzkraft auf den sinnfreien Prunkbau am Mainzer Tor konzentriert wurde. Schule, Kindergarten und Churfrankenhalle kommen dann im Anschluss. Verkehrte Welt bzw. verkehrte Prioriäten.
Wie präsentieren sich unsere Räte für die anstehende Kommunalwahl?
Ich kann jedem nur empfehlen, Ratssitzungen zu besuchen. Egal ob einzelne Themen Sie interessieren, es ist die beste Möglichkeit sich über die handelnden Personen ein Bild zu machen. Wer stellt Fragen? Wer hat Vorschläge? Wie geht man miteinder um? Wo ist Substanz? Wo ist heiße Luft? Wer hat nie was zu sagen?
Die Haushaltsreden waren ein gutes Beispiel dafür. Meine subjektive Einzelmeinung:
Jürgen Funk von der Miltenberger Wahlgemeinschaft als Finanzreferent. Viele einzelne Zahlen genannt, aber keine Struktur, wie die Zahlen denn insgesamt aussehen. Am Ende wusste ich nicht mal die Summe des Verwaltungshaushaltes oder des Vermögenshaushaltes. Ungeeignet als Präsentation und Information der Bürger. Ein Zahlensalat, aus dem niemand einen Überblick gewinnen konnte
Oskar Hennig für die CSU hat mich positiv überrascht, auch wenn man seinem Zitat von Platow viele passende Zitate zum Haushalt der Stadt gegenüberstellen könnte. Im Gegensatz zum Vorjahr interessante Aussagen zur Kostenentwicklung im Rathaus die zeigen, dass sich jemand Gedanken macht. Verständlich vorgebracht, so dass der Bürger erkennen kann, was möglicherweise besser laufen könnte und wo Handlungsbedarf besteht.
Cornelius Faust für die liberalen Miltenberger. Für mich enttäuschend, wenn nicht gar erschreckend. Absolut nichts konkretes, angesichts der drohenden Handlungsunfähigkeit über weitere kostenträchtige Ideen zu phantasieren, erfordert schon viel Unkenntnis der finanziellen Lage.
Katja Schäfer von der SPD hat aus meiner Sicht absolut nichts konstruktives beigetragen. Viele Phrasen, bla bla bal. Alles wunderbar, Schulterklopfmaschine an.
Ulrich Frey für die ÖDP hat wenig zu den Zahlen gesagt, aber einige sehr gute Ideen vorgebracht, die auch kaum Kosten verursachen würden. Bei früheren Sitzungen ist mir schon aufgefallen, jedwede Idee wird vom Bürgermeister und oft auch von Kollegen sofort zerredet, wenn nicht gar niedergemacht. So war es auch hier. Offen über gute Ideen und Vorschläge zu diskutieren ist in diesem Gremium, soweit ich das bisher erlebt habe, nicht vorgesehen.
Werner Heimberger von den freien Wählern hat kritische Töne laut werden lassen. Zwar zaghaft, aber irgendwann muss jemand die schulterklopfende Wohlfühlmaschine ja mal stoppen und Dinge ansprechen, die besser sein könnten. Es gab zwei interessanten Anmerkungen zum Ablauf der Haushaltsaufstellung, die Helmut Demel sichtlich nicht gefallen haben. Daneben interessant die Forderung, Einen Investitionsplan zu erstellen, um die Dinge laufend überwachen zu können. Was im Umkehrschluss ja bedeutet, sowas gibt es bisher nicht. Der Bürger hört zu und kann sich nur wundern, wie leichtfertig hier unsere Steuergelder offensichtlich verwaltet, oder besser verbraten werden.
Eine Diskussion zwischen Jürgen Funk und Rainer Rybakiewicz hat das aus meiner Sicht grundlegende Defizite in unserem Stadtrat nochmals anschaulich gemacht. Rainer Rybaiewicz sollte begründen, warum er gegen die mittelfristige Finanzplanung stimmt. Abweichende Meinungen sind hier offensichtlich genauso ungern gesehen, wie gute Vorschläge. Man kann es nicht glauben, wenn man es nicht persönlich vor Ort miterlebt hat.
Demokratie und gute Zusammenarbeit geht aus meiner Sicht irgendwie anders.
Noch was zu Transparenz
Nach der undurchsichtigen Präsentation der Zahlen in der öffentlichen Sitzung stellt sich die Frage, warum werden uns Bürgern die Zahlen nicht im Internet zur Verfügung gestellt?
Der Haushalt umfasst 337 Seiten Papier. Welchen Sinn hat es, diesen im Rathaus einsehen zu dürfen? Wer kann denn das vor Ort durchsehen und im Kopf behalten? Der Umfang der mittelfristigen Finanzplanung wurde nicht genannt, dürfte aber auch ein paar Seiten sein.
Neben Niedernberg geht seit 2018 auch der Kreis mit gutem Beispiel voran, und stellt seinen Haushalt im Internet zur Verfügung. In Baden-Württemberg sind die Kommunen gesetzlich dazu verpflichtet.
In Bayern dürfen allmächtige Kommunalpolitiker darüber entscheiden. Im Raum Miltenberg wird diese Machtposition genutzt, dem Bürger den Informationszugang maximal zu erschweren. Ein unhaltbarer Zustand.
Wenn Cornelius Faust in seiner Rede wieder einmal eine bessere Information und Einbindung der Bürger anmahnt, kann man das angesichts seines tatsächlichen Handelns auch bald nicht mehr hören. Er tut nämlich nichts dafür!
Warum stellt die Fraktion der liberalen Miltenberger nicht mal den Antrag, dass der Haushalt und die mittelfristige Finanzplanung der Stadt im Internet veröffentlicht wird? Oder andere Informationen, die moderne Kommunen üblicherweise veröffentlichen? Die bessere Information der Bürger wird nicht automatisch vom Himmel fallen. Da müsste einer mal was tun, anstatt immer nur darüber zu schwafeln!