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Neue Verkaufsfläche für Bekleidung am alten Bahnhof in Miltenberg soll von 1.000 qm auf 2.020 qm steigen?

Neubebauung Gelände alter Bahnhof Miltenberg
Neubebauung Gelände alter Bahnhof Miltenberg

Wie hat die Activ-Group das unserem Stadtrat verkauft? Oder hat der es gar nicht bemerkt?

 

Im November 2018 wurde ein Bebauungsplan für den alten Bahnhof öffentlich ausgelegt.

  • maximal 1.000 qm Verkaufsfläche für Textil / Bekleidung

Im März 2019 beschließt der Stadtrat ohne überhaupt darüber zu diskutieren:

  • wir verdoppeln auf 2.020 qm Verkaufsfläche für Textil /Bekleidung und
  • packen noch 360 qm für Schuhe oben drauf

Was ist passiert? Haben die Geschäftsleute der Innenstadt aufbegehrt? Ja, aber diese wollten nicht mehr sondern weniger Verkaufsfläche am alten Bahnhof. Die Geschäftsleute, vertreten durch die M-City sahen schon 1.000 qm mehr als kritisch. Der Handelsverband Bayern hat in einer vierseitigen Stellungnahme das Ganze auch sehr kritisch beleuchtet. Dieses Schreiben bezog sich noch auf 1.000 qm und hat die Planung schon in der Luft zerissen.

 

Unser Stadtrat hat sich Ende Januar 2019 offiziell mit den Einwendungen zum ausgelegten Bebauungsplan beschäftigt. Weder die Stellungnahme der Geschäftsleute noch die des Einzelhandelsverbandes Bayern wurde da thematisiert. Statt dessen ging es um Rasengittersteine und wie viele Ersatzbäume gepflanzt werden sollen/müssen.

 

Ob es in Ordnung war, die doch sehr wichtigen Stellungnahmen einfach zu ignorieren, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht bekommt unser Stadtrat sowas auch gar nicht zu Gesicht. Das würde einiges erklären und für Bürgermeister und Verwaltung vieles einfacher machen. Dumm nur, wenn dann einer im Internet drüber schreibt und die Unterdrückung von Informationen plötzlich nicht mehr funktioniert.

 

Im März 2019 haben wir dann aber die Krönung erlebt. In einer gut besuchten Ratssitzung wurde über Bäume, Hotel, Wohnungen, Dachbegrünung und vieles mehr gesprochen. Der Umfang der Handelsflächen war kein Thema.

 

Und was beschließt der Rat:

 

Wir verdoppeln die Verkaufsfläche für Textil/Bekleidung und packen noch Schuhe oben drauf.

 

Ohne über die Flächen zu reden? Unfassbar. Eine Kampfansage an die Innenstadt?

 

Meine Meinung: Die Räte wussten überhaupt nicht, was Sache war und sind sauber vorgeführt worden. Entweder war den Räten nicht klar, dass sie noch im letzten Jahr eine Begrenzung auf 1.000 qm vorgegeben hatten, oder sie haben nicht gemerkt, dass ihnen nun das Doppelte untergejubelt wird.

 

Schmeichelhaft für das Gremium sind beide Varianten nicht.

 

Am 04.06.2019 um 19:00 Uhr wird uns die Stadt in einer Informationsveranstaltung erklären, warum das gemacht wird, und warum das gut für unsere Stadt ist. Ich bin gespannt!

Warum wurden kritische Stellungnahmen nicht öffentlich behandelt?

Die Auslegung des Bebauungsplanes im November 2018 dient dem Zweck, dass Beteiligte und Betroffene sich äußern und Einwendungen geltend machen können. Gleichzeitig werden diverse Beteiligte und die Träger öffentlicher Belange zu Stellungnahmen aufgefordert. In diesem Fall waren dies über 30 Stellen.

 

Wenn man nun in der Stellungnahme des Handelsverbandes Bayern zu der Planung mit max. 1.000 qm Textil/Bekleidung liest:

  • Das Gutachten der GMA zeigt jedoch, dass entsprechende Aussagen in der Begründung für die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans nicht korrekt bzw. zu abgekürzt wiedergegeben werden, ...
  • Stattdessen stellte die GMA gerade den hohen Wert der Miltenberger Innenstadt sowie ihre Schutzwürdigkeit heraus
  • So machen es die Aussagen aus dem Handelsgutachten aus unserer Sicht erforderlich, die vorgesehene Planung in ihren einzelnen Sortimenten sorgfältig abzuwägen
  • Denn bereits damals wurde bezogen auf das ehemalige Bahngelände betont, dass "die Ansiedlung von Betrieben mit (...) zentralrelevanten Sortimenten als Hauptsortiment am Standort vollständig ausgeschlossen werden" sollte.

In der Begründung zum neuen Bebauungsplans wird ein Einzelhandelsgutachten aus dem jahr 2006 angeführt. Kein Witz! Dass es eine Fortschreibung in 2013 gegeben hat, spielt keine Rolle? Darin kann man beispielsweise sehen, Miltenberg ist über nahezu alle Warengruppen im Vergleich zu anderen Kommunen bereits sehr gut ausgestattet.

 

Handelsflächen je 1.000 Einwohner Bekleidung, Schuhe, Sport Stand 2013

- 611 qm in Miltenberg

- 222 qm Durchschnitt Kommunen 10.001-15.000 Einwohner

- 168 qm Durchschnitt Kommunen   5.001-10.000 Einwohner

 

Daraus kann man jetzt nicht unbedingt den Bedarf für weitere 2.370 Verkaufsfläche Bekleidung und Schuhe ableiten. Deshalb die Fomulierung "... nicht korrekt bzw. verkürzt wiedergegeben .."? Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

 

Zur Ehrenrettung des Stadtrates kann man nur hoffen, dass dieser die Stellungnahme des Handelsverbandes Bayern  und auch das Gutachten nicht kennt. Ansonsten kann man nur den Kopf schütteln und auf die nächste Kommunalwahl hoffen. Denn es geht noch weiter:

  • regen wir an, vor einer weiteren Bearbeitung des Bebauungsplanes die Inhalte des Handelskonzepts zu erneuern bzw. die Auswirkung der Ansiedlungsvorhaben ... genauer zu analysieren.
  • Konkret berücksichtigt werden sollten zudem die Auswirkungen von frei werdenden Flächen derjenigen Anbieter, die - wie z.B. Ernsting´s family - planen, von der Innenstadt ... umzuziehen und dadurch zu einer unerwünschten Sortimentsverschiebung beitragen könnten.

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aber anstatt zu handeln wird diese Stellungnahme einfach ignoriert? Es wird noch interessanter:

  • Zu beachten ist jedoch, dass die vorgesehene Verkaufsfläche für einen Lebensmittel-Discounter nahezu den landesplanerischen Maximalwert abbildet
  • Eine Überschreitung der landesplanerisch zulässigen Kaufkraftabschöpfung ist hingegen beim Drogeriemarkt mit seiner geplanten Verkaufsfläche von 1.200 qm anzunehmen. Hier sollte eine Erörterung mit der Regierung von Unterfranken erfolgen.

Was steht eigentlich in der Stellungnahme der Regierung von Unterfranken? Erwähnt wird auch eine Stellungnahme der MCity Miltenberg e.V.. Was steht da drin und juckt das jemand?

 

Die Stellungnahme des Handelsverbandes Bayern enthält noch viele weitere wichtige Punkte die erahnen lassen, dass die Planung aus November 2018 sehr sehr kritisch für die Innenstadt ist.

 

Wie würde die Stellungnahme wohl heute angesichts der neuesten Zahlen mit einer Verdoppelung der Verkaufsflächen ausfallen?

 

Die Stadt sollte alle vorliegenden Stellungnahmen veröffentlichen und auch den Inhalt des Erörterungstermins vom 19.12.2018 im Rathaus bekanntgeben. Weiter Informationen zurückzuhalten kann das Mißtrauen der Bürger über den Sinn der Planung nicht beseitigen.

Hier könne Sie sich zum Thema informieren