Der Bauausschuss der Stadt Miltenberg hat Regeln für die Beklebung von Schaufenstern erlassen, und die entsprechende Satzung geändert.
Mit den Satzungen werden vor allem Geschäftsleute gegängelt. Umfang siehe Bild rechts. Unser Bote hat am 22. Mai ausführlich darüber berichtet. Hier mein Leserbrief dazu, Bote vom 29. Mai 2019:
Weniger Freiheit, mehr Bürokratie
Wie lange dürfen Geschäfte in Miltenberg noch ihre Schaufenster eigenständig gestalten?
In der letzten Sitzung des Stadtrates von Miltenberg wurde noch über die Überlastung der Bauabteilung berichtet. Angesichts der Vielzahl von Projekten fehle es an Kapazität, das ist nicht alles zu schaffen.
Was tut nun der Bauausschuss der Stadt Miltenberg dagegen?
Die ohnehin mit Detailregelungen überfrachtete Baugestaltungs- und Werbeanlagensatzung Altstadt wird um umfangreiche Vorschriften zur Beklebung von Schaufenstern innen und außen ergänzt.
Grundsätzlich ist erst mal alles verboten, kann aber in Abstimmung mit der Stadt zugelassen werden. Was der Stadt denn gefallen könnte, wird in der Satzung genau aufgeführt. Wow. Bisher musste man schon 22 Seiten Vorschriften beachten, nun kommen noch ein paar dazu.
Die bereits überlastete Bauabteilung der Stadt wird nun neben Anträgen zu Werbeschildern auch noch Anträge zur Beklebung von Schaufenstern bearbeiten. Werden hier die richtigen Prioritäten gesetzt?
Man könnte fast glauben, die Mitglieder des Bauausschusses haben das im Stadtrat diskutierte Problem nicht verstanden. Die Überlastung der Bauabteilung wird damit auf jeden Fall nicht behoben.
Bin gespannt, wann die Stadt auch noch die Schaufenstergestaltung an sich regelt. Das kann man doch unmöglich den Geschäftsleuten überlassen. Da dekoriert womöglich einer in rot, während der Nachbar sich für grün entschieden hat. Unvorstellbar, dass so was heute noch möglich ist.
Bin gespannt, ob genervte Geschäftsleute sich das letzte Schild „Totalausverkauf wegen Geschäftsaufgabe“ noch ordnungsgemäß nach dieser Satzung genehmigen lassen oder einfach denken „Ihr könnt mich alle mal“.
Informationen auf der Seite der Stadt Miltenberg sind mit Vorsicht zu genießen
Das Bild oben stammt vom 30.05.2019. Die Stadt hat es bis zum 10.06.2019 nicht geschafft, die beschlossenen Änderungen im Internet zu veröffentllichen. Das passt zu einer Aussage aus dem letzten Jahr. Es sind nicht alle Satzungen veröffentlicht. Nach welchen Regeln etwas veröffentlicht wird und was nicht, konnte ich noch nicht erfahren.
Geschäftsleute und Bürger der Stadt Miltenberg dürfen sich also bei Informationen auf der Internetseite nie sicher sein, ob diese aktuell und umfassend sind. Da könnte man den Bereich Satzungen doch auch gleich löschen und hinterlegen:
- Bitte kommen Sie aufs Rathaus
- Fragen Sie freundlich nach
- Dann dürfen Sie lesen, an welche Vorschriften Sie sich halten müssen
Beachten Sie dabei bitte unsere bürgerfreundlichen Öffnungszeiten. Am besten passt es uns vormittags. Kommen Sie aber bitte so rechtzeitig, dass Sie mit dem Lesen um 12:00 Uhr fertig sind.
Mit solchen Dingen müssen sich unsere Geschäftsleute herumschlagen:
Im Oktober letzten Jahres wurde folgende Änderung der immerhin 21 Seiten umfassenden Satzung beschlossen, und in einem separaten Papier zusammen mit einer weiteren marginalen Änderung verewigt:
§ 11 Abs. 8, zweiter Absatz, wird zu § 11 Abs. 8.1 und erhält folgende neue Fassung:
Zugelassen sind Werbeanlagen an den Gebäudefassaden nur bis zur Unterkante der
Fensterbrüstung des 1. Obergeschosses.
Dieses Detail ist sicher enorm wichtig, warum man aber nicht das Ur-Dokument ergänzt/verändert hat, verstehe ich nicht. Nun müssen sich unsere Geschäftsleute durch 21 Seiten Satzung ackern um dann zu prüfen, welcher Teil wurde denn durch einen oder mehrere Nachträge inzwischen verändert?
Hier ist ein unübersichtliches Regelungsdickicht am Wachsen, das bald nur noch Fachleute durchblicken. Brauchen Architekten für die Planung eines Werbeschildes bald anwaltliche Hilfe um durchzublicken, was denn überhaupt aktuell vorgeschrieben ist?
Mit Nachträgen hat man übrigens gearbeitet, als noch Schreibmaschinen in Dienst waren. Es soll moderne Kommunen geben, die auf Textverarbeitung umgestellt haben. Bei Änderungen werden Satzungen als komplette Neufassung in einem Guss veröffentlicht. Da braucht keiner in x Nachträgen zu suchen, was aktuell ist. Allerdings gibt es Textverarbeitungsprogramme erst seit etwa 40 Jahren.