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Provinzposse in Niedernberg und Sulzbach

Brücke über den Main bei Niederberg und Sulzbach
Brücke über den Main bei Niederberg und Sulzbach

Am 06.06.2019 hat unser Bote ausführlich über einen Vorgang berichtet, der für mich den Unterschied zwischen moderner offener Politik und Hinterzimmergeschachere aus dem vorigen Jahrhundert eindrucksvoll dokumentiert.

 

Die aktuellen Vorgänge in Brüssel passen dazu wie die Faust aufs Auge und zeigen, Dinge im Hinterzimmer verhandeln, zieht sich von ganz unten (kommunal) bis ganz oben (Europäische Union).

 

Was ist passiert?

 

Der Bürgermeister von Niedernberg hat eine Information aus Sulzbach weitergeleitet. Das ist insofern nicht verwunderlich, weil Niedernberg die transparenteste Kommune im Kreis ist.

 

Überspitzt könnte man sagen, das kleine Niedernberg stellt seinen Bürgern freiwillig mehr Informationen zur Verfügung, als der Rest der Kommunen im Kreis in Summe. Insoweit eigentlich alles noch normal.

 

Hier handelte es sich um eine Anzeige der Sulzbacher Gemeinderatsfraktionen zur Umgehungsstraße. Das Problem war für Bürgermeister Jürgen Reinhard gar nicht erkennbar: Der Inhalt dieser Anzeige war aus einer Gemeinderatssitzung, die noch gar nicht stattgefunden hatte!

 

Wie konnte eine Anzeige zum Ergebnis einer Gemeinderatssitzung fertig sein, wenn die Sitzung noch gar nicht war? Auf die Idee muss man erst mal kommen. Reinhard hat das nicht erkannt, wahrscheinlich weil das möglicherweise rechtswidrig ist. Wenn alles vor der Sitzung schon feststeht, wird das Gebot der Öffentlichkeit grob verletzt?

 

Die offene Kommunikation und Information ist Bürgermeister Reinhard wohl in Fleisch und Blut übergegangen. Wahrscheinlich macht er das schon im Schlaf.

 

Nun passt das wohl einigen Kommunalpolitikern aus dem vorigen Jahrhundert nicht. Ob es nur dieser eine Vorgang war, oder ob die Sulzbacher Räte generell von der offenen Informationspolitik in Niedernberg genervt sind, kann ich nicht sagen. 

 

Auf jeden Fall haben ein paar Sulzbacher Räte diesen Vorgang zum Anlass genommen, eine Dienstaufsichtbeschwerde über den Niedernberger Bürgermeister beim Landratsamt einzureichen. Mit der Bitte zu prüfen, ob Amtsmissbrauch vorliegt. Geheimnisverrat?

  • War der Inhalt ein Geheimnis? oder die Tatsache,
  • dass der Sulzbacher Gemeinderat vor einer öffentlichen Sitzung schon die Ergebnisse kennt?

Wie souverän die Niedernberger agieren sieht man daran, dass sie sich den Spass gespart haben, beim Landratsamt prüfen zu lassen, wie Ergebnisse einer Sitzung feststehen können, die noch gar nicht stattgefunden hatte. Im Bote konnte man lesen "... ein bemerkenswerter Vorgang, wenn das Ergebnis einer Beratung im Gemeinderat vorab schon als Anzeige in Auftrag gegeben wird."

 

Das Landratsamt hat diesen Punkt auch nicht aufgegriffen. Obwohl das aus meiner Sicht mehr als dubios ist. Warum sollte denn ein Sulzbacher überhaupt noch eine Sitzung besuchen, wenn vorher schon das Beratungsergebnis feststeht? Ich muss mich wiederholen, das Prinzip der Öffentlichkeit wird hier grob verletzt, wahrscheinlich ist das rechtlich nicht ganz sauber.

 

Wie auch immer, diese Woche konnte man in der Zeitung lesen, die Informationspolitik von Jürgen Reinhard war in Ordnung, das Landratsamt hat kein Fehlverhalten festgestellt. Alles andere wäre für das zarte Pflänzchen Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung in unserer Region auch eine Kathastrophe gewesen.

 

Der Vorgang enthält aber noch einen anderen sehr interessanten Hinweis:

 

Eine gemeinsame Ratssitzung der beiden Kommunen ist daran gescheitert, weil

  • die Niedernberger öffentlich
  • die Sulzbacher aber lieber nichtöffentlich tagen wollten.

Auch das zeigt die völlig verquere Einstellung der Sulzbacher. Was nichtöffentlich zu behandeln ist, regelt die Gemeindeordnung abschließend. Da gibt es keinen "Ermessenspielraum". Was die Räte gerne hätten, spielt keine Rolle. Das ist kein Wunschkonzert. Vielleicht sollten die Sulzbacher mal einen Auffrischungskurs zur Gemeindeordnung buchen oder nachsehen, was sich in den letzten 20 Jahren in Bezug auf Transparenz und Öffentlichkeit geändert hat.

 

Erstaunlich was alles passiert, wenn ein moderner Kommunalpolitiker das Herrschaftswissen von altbackenen Räten in Gefahr bringt bzw. deren Hinterzimmergeschachere.

 

Mehr zur Transparenz in Niedernberg unter