In unserer Zeitung steht unter anderem "... wird Bürgermeister ... informieren"
Das ist aber nicht der Zweck dieser Veranstaltung. Die Bürgerversammlung ist nicht für die Selbstdarstellung des Bürgermeisters gedacht, sondern in erster Linie das Podium für uns Bürger, so sinngemäß ein einschlägiger Kommentar.
Offensichtlich verwechseln Amtsträger das gerne, denn dort kann man auch nachlesen, dass Juristen ernsthaft diskutieren, ob und wie man Bürgermeistern eine Redezeitbeschränkung auferlegen kann.
Im Jahr 2017 mussten die Miltenberger sich in der Bürgerversammlung die Halbzeitbilanz von Helmut Demel anhören.
Eine umfangreiche und beeindruckende Power-Point-Präsentation. Sagt der Protokollführer. Das Protokoll dazu umfasst alleine vier Seiten. Ob dann noch Bürger da waren, oder schon alle geflüchtet waren, kann ich nicht erkennen. Der Rest des Protokolls fehlt.
Das war aus meiner Sicht ein eklatanter Mißbrauch der Bürgerversammlung durch unseren Bürgermeister für eigene Zwecke, die in keinster Weise vom Gesetz gewollt und gedeckt ist. Wenn der Bürgermeister informieren will, kann er jederzeit Veranstaltungen ansetzen.
Der Bürger hat nur einmal im Jahr das Recht auf eine Bürgerversammlung, die ihm gehört, und die er gestalten darf. Angesichts der sonst nicht sehr ausgeprägten Informationsfreudigkeit unseres Bürgermeisteres ist es um so befremdlicher, dass er hier die Veranstaltung der Bürger zweckentfremdet.
Dieses Jahr besteht die Gefahr, Helmut Demel nutzt die Chance für eine Bilanz seiner Amtszeit. Während ich dies schreibe bin ich immer noch hin- und her gerissen, ob ich überhaupt hingehen soll.
Auch weil Helmut Demel auf meine Fragen im letzten Jahr teilweise sehr ausweichend oder irreführend geantwortet hat. Brauche ich das? Wenn Helmut Demel keine Auskunft geben will, soll er doch beim Landratsamt anfragen, ob Miltenberg von der gesetzlichen Pflicht zur Abhaltung einer Bürgerversammlung entbunden werden kann.
Auf jeden Fall erklärt sich daraus, warum nach den Protokollen in 2017 nur 55 Besucher und in 2018 nur 57 Bürger da waren. In anderen Kommunen im Kreis erscheinen 100 oder gar 200 Bürger. Das ist wie bei anderen Veranstaltungen auch, man geht hin, wenn man es für interessant hält. Das scheint in Miltenberg nicht der Fall zu sein.
Was ist Sinn der Bürgerversammlung?
Die Landeshauptstadt München hat es auf ihrer Internetseite kurz und knapp formuliert:
Bürgerversammlung: Hier haben die Bürgerinnen und Bürger das Wort
- Nach einer Präsentation der wichtigsten Entwicklungen können die Gemeindeangehörigen ihre Fragen und Anliegen zu Stadtthemen vortragen und auch eigene Anträge stellen.
- Stimmt die Versammlung einem Antrag mehrheitlich zu, muss er innerhalb von drei Monaten dem Stadtrat zur weiteren Behandlung vorgelegt werden.
Also, wenn Sie kommen, fragen Sie, und fragen sie nach. Die Versammlung ist ausdrücklich auch dafür da, dass Bürger mit der Verwaltung diskutieren. Auch das wurde im letzten Jahr von unserem Bürgermeister schnell beendet, mehr als zwei Nachfragen hat er nicht zugelassen.
Und wenn Sie besonders mutig sind, stellen Sie Anträge. Dann wissen Sie anschließend, wie andere über ihr Anliegen denken, bestenfalls landet ihr Thema in einer öffentlichtlichen Stadtratssitzung.
Ein Blogger hat die Probleme sehr gut beschrieben. Offensichtlich läuft es in seiner Region auch nicht im Sinne des Gesetzgebers:
"Die Bürgerversammlung ist nicht, wie es die Damen und Herren Bürgermeister in unserer Region gerne sähen, ein Vortrag der Erfoge des jeweiligen Gemeindechefs, zu dem der gemeine Bürger eventuell eine Frage stellen oder in aller Bescheidenheit einen Vorschlag machen darf, ..." Den kompletten Text finden Sie hier.
Sollte Helmut Demel mit einer Leistungsbilanz seiner Amtszeit beginnen schlage ich vor, den Saal zu verlassen.