Am Dienstag geschah auf der öffentlichen Sitzung des Miltenberger Stadtrates seltsames.
Angekündigt war eine Beschlussfassung zu den umstrittenen Bebauungsplänen am alten Bahnhof.
Helmut Demel erklärte zu Beginn der öffentlichen Sitzung, der Stadtrat hat im Vorfeld in nichtöffentlicher Sitzung das Thema behandelt und sich geeinigt, heute nicht abzustimmen. Man war sich einig, oder die Mehrheit war dafür, nochmals in Klausur zu gehen und die Entscheidung zu vertagen.
Mit den dürftigen Informationen zu Beginn der öffentlichen Sitzung ist nicht klar, was da genau abgelaufen ist.
Der Stadtrat hat in der nichtöffentlichen Sitzung über das Thema Bebauungspläne alter Bahnhof beraten? Zumindest gab es aus dieser nichtöffentlichen Sitzung heraus Ergebnisse? Dabei stand das Thema doch auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung?
Nun stellt sich die spannende Frage, auf welcher Rechtsgrundlage wurde die Öffentlichkeit hier ausgeschlossen? Öffentlichkeit bedeutet ja, die Bürger sollen die Diskussion, die Postition der Stadträte, deren Argumente verfolgen könnnen. Nur dann können Sie sich zu den Themen eine Meinung bilden.
Nichtöffentlich zu beraten ist die Ausnahme. Die Gemeindeordnung sagt: Sitzungen sind öffentlich,
- soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder
- auf berechtigte Ansprüche Einzelner
entgegenstehen.
Einen Passus im Gesetz, wir wollen kontrovers diskutieren, das machen wir dann vor der öffentlichen Sitzung im nichtöffentlichen Bereich, habe ich vergebens
gesucht. Auch in einem renommierten Kommentar zur Gemeindeordnung bin ich nicht fündig geworden. Im Gegenteil, der Vorgang war mit hoher
Wahrscheinlichkeit rechtswidrig? Siehe unten meine Beschwerde an die Kommunalaufsicht.
Gerade hier hatte die Öffentlichkeit ein hohes Interesse daran zu erfahren, wer welche Meinung vertritt, welche Argumente nun plötzlich gegen eine Beschlussfassung sprechen. Auch im Hinblick auf die Kommunalwahl.
Wieder einmal muss ich gestehen, mir fehlt der Mut, so drastisch zu formulieren wie unser Chefreporter Georg Kümmel vom Boten. Deshalb hier der Hinweis auf seinen Kommentar "Feige Kungelei" unter dem Bericht zur Sitzung.
Allerdings fehlt mir nicht der Mut, den Vorgang unserer Kommunalaufsicht vorzulegen.
Hinweis auf Grund eines Leserkommetars: Die Kritik in diesem Artikel bezieht sich nicht auf die Vertagung an sich, diese ist richtig aber zu kurz gesprungen. Die Vertagung hätte auf die Zeit nach der Wahl erfolgen müssen.
Meine Kritik und der Beitrag dreht sich um die Art und Weise, wie hier Bürgermeister und Stadtrat wieder mal wesentliche Dinge unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgewickelt haben. Dieser Vorgang ist ein gutes Beispiel dafür, warum ich in den Stadtrat will. Sowas werde ich als Mitglied des Gremiums unterbinden.
Wahlprogramme zur Kommunalwahl 2020 für die Mülltonne?
Im Gremium sind auch ein paar Kommunalpolitiker vertreten, die neuerdings von Transparenz, Öffentlichkeit und Bürgerbeteiligung reden und schreiben. Könnte mit dem anstehenden Wahltermin zusammenhängen.
Die Vorstellung am Dienstag macht deutlich, die wissen überhaupt nicht, wovon sie reden. Oder aber, sie wissen es und haben nicht die leiseste Absicht, diese Versprechen auch einzulösen.
Meine Beschwerde an die Kommunalaufsicht
Sehr geehrter Herr
auf der öffentlichen Stadtratssitzung in Miltenberg am 17.12.2019 gab es einen Vorgang, den ich nicht einordnen kann. Auf Punkt 1 der Tagesordnung stand die Beschlussfassung über zwei
Bebauungspläne. Einkaufen in der Stadt und Wohnen am Fluss.
Bürgermeister Helmut Demel eröffnete die Sitzung und trug sinngemäß folgendes vor:
In der vorangegangenen nichtöffentlichen Sitzung wurde über das Thema gesprochen / beraten. Ein Stadtrat machte den Vorschlag, die Abstimmung zu vertagen. Anscheinend fand sich dafür eine
Mehrheit. Deshalb wurde "beschlossen", heute nicht abzustimmen. Der Stadtrat geht nochmals in Klausur, die Abstimmung soll dann erst im Januar erfolgen. Weitere Details, insbesondere wie diese
Diskussion verlaufen ist, und welche Gründe für diese Entscheidung vorgetragen wurden, hat er nicht genannt. Auch ist unklar, ob hier eine Abstimmung erfolgte.
Die Tageszeitung formuliert es heute so: "Den Aufschub hatten Räte und Bürgermeister erst unmittelbar vor Beginn der öffentlichen Sitzung hinter verschlossenen Türen ausgehandelt ..."
Als Bürger bin ich der Meinung, die hier stattgefundene "Vorberatung" oder auch "Vorbesprechung", hätte im öffentlichen Teil stattfinden müssen. Ich kann keinen Grund für die nichtöffentliche
Behandlung erkennen. Öffentliche Tagesordnungspunkte in nichtöffentlichen Sitzungen vorzubehandeln, ist rechtswidrig. Siehe Kommentar Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern zu
Art. 52 GO:
"Eine nichtöffentliche "Vorberatung" von gemäß ... öffentlich zu behandelnden Gegenständen in einer Sitzung des Gemeinderatsplenums ist in der GO nicht vorgesehen. Ein entsprechende Vorgehen ist auch dann rechtswidrig, wenn es nur darum geht, im Interesse einer sachlich gut vorbereiteten oder reibungslos ablaufenden Behandlung in
öffentlicher Sitzung eine der Information der Gemeinderatsmitglieder dienende "Vorberatung" durchzuführen.
Die Verlagerung der eigentlichen Sachdiskussion zu einem öffentlich zu beratenden Tagesordnungspunkt in eine nichtöffentliche Sitzung widerspricht dem Sinn
und Zweck des Öffentlichkeitsgrundsatzes und kann auch nicht nachträglich durch Beschluss für gegenstandslos erklärt werden."
Ich und alle anderen Bürger haben ein Recht darauf mit zu verfolgen, welche Argumente hier von welchem Stadtrat vorgetragen wurden, wie die Diskussion verlief, und wie es zu dieser Entscheidung
kam. Zulässige Gründe für einen nichtöffentliche Behandlung kann ich aus dem Text der Gemeindeordnung nicht erkennen.
Ich bitte Sie daher, den Vorgang zu überprüfen. Wie man so etwas heilen kann, ist mir unklar. Wenn aber solche Vorgänge keine Konsequenzen haben, wäre ja die Gemeindeordnung in diesem Punkt
völlig sinnlos?
Mit freundlichen Grüßen